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Tag 3: Havanna

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Der Besuch in der Zigarren-Fabrik gehört zum Pflichtprogramm in Kubas Hauptstadt. Sehr geduldig wurde uns erklärt, wie das runde, braune Gold von Havanna in penibler Handarbeit gefertigt wird. Die Arbeiter werden jeden Arbeitstag auf ihre Quantität geprüft und bei Fehlerhaften Zigarren muss der Arbeiter in unbezahlten Überstunden weitere Zigarren rollen um die erforderliche Tagesanzahl zu erreichen. Die harten Arbeitsbedingungen bleiben aber nicht unbelohnt: Ein Arbeiter der höheren Klasse (Erfahrung & Anzahl gerollter Zigarren am Tag) verdient mehr als ein Lehrer oder ein Arzt in Havanna. Selbstredend ist der Andrang gross diesen Job zu kriegen. Diejenigen, welche die neun-monatige Ausbildung nicht bestehen nutzen dann vielleicht das Know-How um zu Hause unechte Cohibas herzustellen und sie illegal in den Strassen von Havanna zu verkaufen.

Nach ein paar kurzen Gesprächen mit Kubaner entlang den Strassen von Havanna wurde klar, dass die Bevölkerung stolz auf folgende drei Eckpfeiler des Landes sind: Sicherheit, Medizinische Versorgung und Bildung. Letzteres veranlasste Livia und mich die Universität zu besuchen. Schon bevor wir den Campus betraten kamen wir mit einem Spanisch-Lehrer ins Gespräch. Er bot uns kurzerhand eine Führung durch das Gelände an. Er erzählte uns das spannungsreiche Verhältnis zwischen dem Staat und der Schule. Obwohl Che die Universität durch Reden an die Studenten benutzte um die Revolution gegen Batista zu verbreiten, fehlt es in der Gegenwart überall an Geldern um die Universität zu unterstützen oder zu sanieren. Mit Projekten bei denen die Studenten selbst Hand anlegen und Geld sammeln wird versucht dem Ort der Bildung zu helfen. Ich finde es schön zu beobachten, wie die Stimmung auf einem Campus rund um den Globus gleich ist. Das Gefühl verstärkte sich zusätzlich dadurch, dass an diesem Tag die Resultate der Abschlussprüfungen bekannt gegeben wurde. Egal wie unterschiedlich die politischen Systeme auch sein mögen, die Wiegen der Bildung sind überall gleich. Ich persönlich sehe den staatlichen Eckpfeiler der Bildung etwas zwiespältig: Obwohl die Grundbildung gewährleistet wird, was am Allgemeinwissen der Kubaner schnell bewusst wird, wird die finanzielle Unterstützung der Hochschulen stark vernachlässigt. Eventuell hat die Regierung Angst die Bildung als mächtigste Waffe der Bevölkerung ausser Kontrolle geraten kann.

Ein weiterer Pflichtbesuch war das Rum-Museum. Weitgehend unspektakulär und sehr geizig in Bezug auf Verkostung. Der sprachbegabte Guide gab sich aber grösste Mühe und zeigte mit Stolz auch den Teuersten Havanna Club Rum (35-40 jährig), welcher in einer Murano-Glas Flasche aufbewahrt wird und stolze 1700 CuC $ kostet.

Ein wenig später begann es zu regnen.. Und wie! Es fühlte sich an als würde Frau Holle Kübelweise Wasser auf uns herabschütten. Doch so ein Sommergewitter hat etwas Richtig angenehmes. Während viele andere einen Unterstand suchten wagten wir uns unter den freien Himmel. Ich nahm meine Kamera mit und wurde auch ein paar Strassenecken weiter dafür belohnt: Auf dem glatten Steinboden des Prado spielten Kinder Slip-n-Slide. Nach ein paar Fotos wurde ich aufgefordert es auch zu versuchen. Das Kind in mir lies keine Widerrede zu und rutschten ein kleiner Junge und ich Seite an Seite auf dem Po und Rücken am Boden entlang. Livia wurde dann sofort von einem der Jungen aufgefordert ihn zu beobachten, während er ein paar Fussball-Tricks auf dem rutschigen Boden vollführte. Es war ein mordsmässiger Spass. Ein solche spontane Beziehung zu der lokalen Bevölkerung ist genau die Art von Geschichte, welche das Leben schreibt und nicht geplant werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt der Reise war es das schönste und emotionalste Erlebnis der Reise. Danach schlenderten wir völlig durchnässt durch die Gassen. Nach einem kurzen Besuch beim lokalen Wechselgeld-Büro (bei dem ich ein dickes Bündel Pesos- Noten erhalten habe für 20 CuC (Wechselkurs 25:1)), wo die Angestellten meine durchnässten Kleider skeptisch begutachteten, setzten wir uns in einer kleinen Kneipe und liessen unsere Kleider vom warmen Wind trocken. Bei Bier und Live-Musik bezahlten wir dem Tisch nebenan mit vier Einheimischen eine Runde Bucaneros (das Bier für Männer, im Vergleich zum weicheren Crystal für die Frauen). Die Geste wurde freundlich erwidert min der Frage ob wir uns an ihren Tisch setzen möchten. So ergab sich eine interessante Gesprächsrunde. Auch politische Fragen wurden mir nach einem Weilchen beantwortet: „Wie beschreibst du das System nun? Kommunismus oder Sozialismus?“ – „Es ist eine Mischung der Beiden. Ich persönlich möchte lieber sagen, dass es der Sozialismus sei, da der Kommunismus zu strenge Regeln bietet und zu wenig persönliche Freiheit. Aber wir müssen mit dem umgehen, was wir haben und ich denke das machen wir sehr gut. Wir sind nicht dumm, wir wissen schon was hier abläuft und wo die Vor- und Nachteile darin stecken“. So zog sich der Abend in die Länge und endete im Casa de la Musica nach vielen Gläsern Bucaneros und Mojitos.

1/200 sec, f/1.6, ISO 100, 50mm

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