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Die Löwin F70 ist nicht scheu – Volontariat Teil 2

Im Tembe Elephant Park befinden sich ungefähr 42 Löwen und 8 davon tragen einen Sender. Die Restlichen sind so zusagen unsichtbar. Wildlife Act widmet sich der Beobachtung von Löwen und versucht stetig weitere Tiere mit Sendern auszustatten. Dies um die Population und die Auswirkungen auf den Nationalpark unter Kontrolle zu halten. Dazu müssen die Löwen geortet werden um das Revier der Tiere wie auch das Verhalten und der Zustand schriftlich und fotografisch festzuhalten.

Die täglichen Fahrten in den Busch sind anstrengend und intensiv obwohl wir „nur“ auf der Rückbank des Trucks sitzen. Haben wir einmal ein Signal mit dem Transmitter aufgenommen, heisst es so nah ran wie möglich zu kommen. Den Tracker ans Ohr gedrückt um auch nur das leiseste Signal aufzunehmen. Die Richtung ausfindig machen und versuchen die Verfolgung aufzunehmen. Ohne Unterbruch streifen unsere Blicke über die Gräser und durch die Büsche. Jedes blinzeln ist nervig, denn man könnte etwas übersehen. Ein lautes Piepsen, fünf Striche auf dem Scanner, die Anspannung steigt. Wir sind kurz davor unsere erste Löwin zu sehen. Der Motor ist aus, es herrscht eine totenstille auf dem Truck. Ein freudiges Kribbeln steigt in meinem Bauch empor. Ich fühle es, heute werden wir sie sehen. Weit entfernt im Busch bewegt sich was. Und dann erschien sie. Die kräftig gebaute Löwin, genannt F70 mit ihren drei eineinhalbjährigen Jungen. Ein ganz leises Jauchzen und leise „Awwww“ Geräusche schweben durch den Truck. Majestätisch bewegt sich die grosse und starke Löwin durch die Gräser etwas mehr in unsere Richtung und perfekt vor die Kameras. Wir sind alle schwer beeindruckt, ja fast schon gerührt von dieser unglaublich tollen Begegnung. Sie ziehen langsam weiter und bewegen sich weiter auf die Strasse zu, die sie hoffentlich vor unseren Kameras queren werden. 
Dann stehen sie plötzlich auf der Strasse. Ein Konzert von Kameraauslösern. Doch oh Schreck, sie queren die Strasse nicht. Nein, die vier Löwinnen kommen direkt auf uns zu. Die Freude wechselt innert Sekunden zu Nervosität. Die Tiere scheinen unsere Fährte aufgenommen zu haben und steuern uns zielstrebig an. 20 Meter trennen uns nur noch von ihnen. 10 Meter, der Motor startet. Die Tiere sind nach wie vor nicht eingeschüchtert. Nervosität wird zu Angst, als die Kleinen auf uns zu rennen. „Die wollen nur spielen“ hiess es von unserer Monitorin Dani um uns etwas zu beruhigen. Den Kopf gesenkt, den Blick starr auf uns und das Auto gerichtet, bewegen sie sich weiter auf uns zu. Als dann die Mutter sich seitwärts in unsere Richtung begiebt legte Dani den Rückwärtsgang ein. Wer bereits einmal mit einer jungen Katze gespielt hat weiss, dass sich diese bei einem Rückzug vorwärts bewegen. Sie werden schneller, rennen nun direkt auf uns zu. Das Herz pocht, die Knie zittern, ich kann mich nicht mehr bewegen.
Ich bin starr vor Angst, Voellmy mit dem Finger auf dem Auslöser. Eine Vollbremse von Dani, ein Klopfen mit der Handfläche an das Auto und die Löwinnen bleiben stehen, nun steuern wir direkt auf die Löwinnen zu, doch sie lassen nicht locker. Noch nicht. Das Ganze nochmals von vorne. Ich spüre wie das Adrenalin durch meinen Körper schiesst. Bitte bleibt stehen, denke ich. Nach einer gefühlten halben Stunde (es waren fünf Minuten) blieben die Tiere endlich stehen und wir fahren in einem rasanten Tempo rückwärts, bis wir sicherstellen konnten dass sie uns definitiv nicht mehr folgen. Kehrtwende und so schnell wie möglich zurück ins Camp. Auf dieser Fahrt waren wir nicht wie gewohnt ruhig und besonnen, nein es sprudelte nur aus uns Volontären. Das Adrenalin pumpte noch immer der Puls raste. Wir können uns kaum beruhigen. So intensiv hätte sich niemand von uns unsere erste Begegnung mit einem Löwen vorgestellt. 
 

LIONS ATTACKING THE CAR | #lion #tembe #wildlifeact #gaggedehose

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Zurück im Camp erklärt uns Dani die Problematik mit dieser Löwin: Als ihre Jungen noch ganz klein waren, fuhren die Autos zu nahe an die Löwinnen. Glücklicherweise ist ihnen nie etwas  zugestossen, doch dies nahm ihnen andererseits auch die Angst vor Trucks und Motoren. Mit der aktuellen Neugier der Jungtiere ist dies eine Kombination die uns das Fürchten lernte. Mit Wein schlucken wir unseren Schrecken hinunter und zelebrieren unsere überlebte Atttacke von Löwen. Tage später sehen wir in unserem Sichtungsprotokoll den Kommentar „More agressiv than usual“. 
 
In der Zwischenzeit geht jedes Mal ein erleichtertes Atmen durch die Runde, wenn wir nicht nach F70 scannen müssen, sondern anderen Löwen nachgehen dürfen. Diese sind jedoch ziemlich schwierig ausfindig zu machen, denn normalerweise und natürlicherweise verstecken sich Löwen eigentlich vor Menschen und Autos. Bis heute hatten wir leider keinen Erfolg mit dem Aufspüren von „netten“ Löwen. Doch Dani bleibt beharrlich mit uns daran, denn sie möchte uns beweisen, dass nicht alle Löwen wie F70 sind. Ein kleines Erfolgserlebnis war das Signal des Löwen M90. Seit ca. sieben Monaten wurde dieses Männchen nicht mehr gesichtet und konnte auch nicht mehr geortet werden. Wir hängen ihm an dem Versen, kamen ganz Dicht an ihn heran und hoffen auf eine Sichtung in den nächsten Tagen.
 
Unsere erste Begegnung mit F70 blieb nicht die Letzte. Auf dem Rückweg eines gemütlichen Sundowners auf dem Aussichtsturm, leuchteten plötzlich Augen auf der Strasse im Dunkeln vor uns. Natürlich war es niemand geringeres als unsere Freundin F70. Diesmal mussten wir sogar die Hupe einsetzten und auch das hat diese fiesen Dinger nicht wirklich eingeschüchtert. Doch dieses Mal waren die Löwinnen definitiv etwas entspannter unterwegs und liessen uns nach kurzem Hin und Her doch noch passieren. Wir sind gespannt auf die nächste Begegnung mit diesen Neugierigen Weibern.

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